Berlin, 08. April 2021. Seit Beginn der Corona-Pandemie kamen fast alle Corona-Schutzmasken aus
China. Das wollte der Berliner Unternehmer Nico Feichtinger ändern und produzierte mit der Typ IIR
GmbH in seinem Berliner Werk täglich bis zu 35.000 zertifizierte medizinische OP-Masken. Seine
Vision war es, medizinische Masken herzustellen, bei denen sämtliche Vorprodukte sowie die
Produktionsanlage aus Deutschland stammen. Doch gegen die Konkurrenz aus Fernost hat er als
deutscher Hersteller keine Chance – trotz Förderprogrammen. Wir haben Nico Feichtinger zum
Interview getroffen und mit ihm über die Versprechungen der Bundesregierung am Anfang der
Pandemie und die Ungleichbehandlung sowie Intransparenz bei der Auftragsvergabe gesprochen.

Als die Regierung im vergangenen Jahr Unternehmer zur Maskenproduktion aufrief, waren Sie
sofort dabei. Was waren für Sie die Beweggründe bei der Produktion von OP-Masken
mitzumachen?

Nico Feichtinger: Als Unternehmer habe ich natürlich die Möglichkeit einer weiteren Einnahmequelle gesehen. In erster Linie ging es mir jedoch darum, das deutsche Gesundheitssystem zu unterstützen und in einer sich immer mehr ausweitenden Pandemie mit Schutzausrüstung zu unterstützen. Wir alle haben noch die Bilder vor Augen, wie Krankenpfleger:innen ihre Stoffmasken gewaschen, markiert und vor anderen versteckt haben. Auch die Unterstützung von Hilfsorganisationen war mir ein dringendes Bedürfnis.

Sie haben für die Produktion eine GmbH gegründet und Produktionsmaschinen eingekauft. Wieviel Kapital haben Sie insgesamt eingesetzt?   

Nico Feichtinger: Insgesamt habe ich in den Umbau, die Produktions- und Verpackungsanlagen sowie in die umfangreichen Zertifizierungsmaßnahmen ca. 600.000 Euro investiert.

Es sollte laut Wirtschaftsminister Altmaier verschiedene Förderprogramme für deutsche Unternehmen geben – mit dem Ziel unabhängiger von China zu werden. Haben Sie von diesen Förderungen profitiert?

Nico Feichtinger: Die Baumaßnahmen sowie die Beschaffung der Produktions- und Verpackungsmaschinen wurden über die Investitionsbank Berlin (IBB) mit 30 Prozent gefördert, dies entsprach 120.000 Euro auf die kalkulierte Investitionssumme von 400.000 Euro. Kosten für Beratung und Zertifizierung wurden nicht berücksichtigt. Hierfür mussten umfangreiche Förderanträge gestellt und sämtliche Rechnungen eingereicht werden. Natürlich ist diese Förderung mit einer Vielzahl von Bedingungen verbunden. So muss zum Beispiel die Maschine über 5 Jahre in Betrieb sein und dabei gewisse Umsätze erwirtschaften. In der jetzigen Situation gehen wir stark davon aus, die Förderung zurückzahlen zu müssen.

Ziel war es laut Altmaier, eine Produktionskapazität von jährlich etwa 2,5 Milliarden Schutzmasken aufzubauen. Wie viele Masken haben Sie mit Typ IIR bisher produziert und auch wirklich vertrieben?

Nico Feichtinger: Nach einem etwas holprigen Start, die Maschinen mussten sich erst einspielen, konnten wir unsere monatliche Kapazität auf ca. 600.000 Masken steigern. Bisher haben wir 3.500.000 Masken produziert, 500.000 Masken liegen momentan auf Lager.

Es gab Versprechungen seitens der Regierung, die in Deutschland produzierten Masken bei den Produzenten direkt einzukaufen? Kam es letztlich zu solch einer Zusammenarbeit mit der Regierung?

Nico Feichtinger: Nach dem mehr oder weniger chaotisch verlaufenden Open House Verfahren des Bundesministeriums für Gesundheit, welches für uns zu früh kam, da die Maschinen noch in Produktion waren, ergab sich, trotz intensivster Bemühungen, keine Möglichkeit der Zusammenarbeit. Wir wurden von einer Behörde zur nächsten verwiesen, ohne Erfolg.

Wie vertreiben Sie die Masken aktuell und wer sind ihre Hauptabnehmer?

Nico Feichtinger: Aktuell verkaufen wir zumindest einen Bruchteil unserer Produktion an Großhändler und Apotheken. Dies geschieht über alle erdenklichen Kanäle, via E-Mail, Telefon, PR-Aktionen, Social Media oder Mundpropaganda.

Erst kürzlich beschrieb Stefan Kön von Technisat die Ungleichbehandlung und Intransparenz bei der Auftragsvergabe für die Maskenproduktion. Er berichtete, dass deutsche Maskenhersteller gegen die Billigkonkurrenz aus Fernost keine Chance haben. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Nico Feichtinger: Hier kann ich die Meinung von Herrn Kön unwidersprochen teilen. Bei öffentlichen Ausschreibungen zählt genau ein Kriterium: der Preis. Niemanden interessieren Herkunft, Qualität der Masken, auch kurze Lieferketten durch regionale Vorprodukte oder Nachhaltigkeit sind absolut kein Thema. Viele dieser Ausschreibungen sind schon vergeben, bevor sie überhaupt veröffentlicht werden. Mit der Benachrichtigung, nicht den günstigsten Preis geboten zu haben, erfährt man auch, wer das Rennen gemacht hat: Importeure, die billige Masken aus Fernost an die öffentliche Hand verkaufen. Firmen, die u. a. mit dem Slogan “Unser Geschäft ist China” werben. Unsere Versuche, Berliner Kliniken zu beliefern, scheiterten. Hier wurde uns mehrfach unverhohlen mitgeteilt, dass man Masken in China kaufe. Dies gilt auch für einen Großteil der Berliner Behörden.

Und trotz der damaligen Versprechungen bezieht der Bund einen Großteil der Masken weiterhin
aus Fernost. Wie fühlen Sie sich dabei?

Nico Feichtinger: Gelinde ausgedrückt verarscht. Ich habe Anfang 2020 an unzähligen digitalen Treffen mit Vertretern von Politik und Wirtschaft teilgenommen, immer wieder wurde ich förmlich angefleht, eine regionale Produktion zu errichten, um uns vom asiatischen Markt unabhängig zu machen. In Berlin wurde von einer zentralen Beschaffung fabuliert, an derer Spitze der Senat die Schutzausrüstung an die notleidenden Stellen verteilt. Heute hat sich sowohl der Bund, als auch der Berliner Senat dieser Aufgabe entledigt, dies sei nun Sache der Länder und Kommunen. Wie dort die Verfahren laufen, habe ich ja bereits beschrieben.

Wieviel Vertrauen haben Sie als Unternehmer aktuell in die Regierung?

Nico Feichtinger: Blickt man auf all die Unzulänglichkeiten, die in den letzten Wochen zutage getreten sind wie Beschaffungsskandale, Impfchaos, Lockdown Light, FFP2 ja, nein oder vielleicht, Querdenker dürfen zu Tausenden ohne Maske und Abstand, dafür von der Polizei beschützt, ihre kruden Theorien in die Welt grölen, während unsere Kinder nicht zur Schule oder in den Sportverein dürfen, ist mein Vertrauen in unsere Regierung zumindest empfindlich gestört. Es wurden zu viele Dinge versprochen, die dann nicht oder nur unbefriedigend eingehalten wurden.


Können Sie uns ein Rechenbeispiel geben: Wie teuer sind Ihre Masken im Verkauf im Vergleich zu
Masken-Produzenten aus China.

Nico Feichtinger: Das lässt sich sehr schön an den Einkaufsgebahren der Berliner Charité zeigen: Um hier als Berliner Hersteller ins Geschäft zu kommen, wird ein Preis von unter 4 Cent erwartet. Mich kostet allein die Herstellung einer einzelnen Maske ca. 7 Cent. Die Margen unzähliger Zwischenhändler abgezogen, beläuft sich der Produktionspreis einer chinesischen Maske auf unter 1 Cent.

Wie könnte für Sie eine Gleichbehandlung aller Unternehmen aussehen?


Nico Feichtinger: Ich denke, eine Gleichbehandlung ist reine Utopie, dann wären wir im Kommunismus. Das private Unternehmen günstige Masken aus Fernost beziehen, kann man ihnen nicht zum Vorwurf machen. Dagegen sollte die öffentlich Hand angehalten werden, Produkte aus regionaler Herstellung zu fördern und zu unterstützen. Hier müssen Vergaberichtlinien geändert und der gesamte Einkaufsapparat modernisiert werden. Der günstigste Preis darf nicht länger das einzige Kriterium sein.


Sie produzieren OP-Masken vom Typ IIR. Was hat sich für Sie mit den Beschlüssen geändert, dass
nun vor allem FFP2 Masken zu tragen sind?


Nico Feichtinger: Das kann sich sicher jeder vorstellen. Momentan fühle ich mich wie ein Sandverkäufer in der Wüste. Mit dem Beschluss zur Tragepflicht einer FFP2-Maske ist unser Markt vollkommen zusammengebrochen. Dies lässt sich auch mit einer großen Desinformation begründen, in Gesprächen mit Apotheken wurde mir des öfteren bestätigt, dass die Menschen unsicher sind, welche OP-Maske die Richtige sei und deshalb lieber zur teuren FFP2-Maske gegriffen hätten.


Worin besteht der Unterschied für den Träger einer Typ IIR Maske oder einer FFP2 Maske?

Nico Feichtinger: Der gravierendste Unterschied liegt in den verschiedenen Atemwiderständen. Dieser ist bei der FFP2-Maske um ein Vielfaches höher, hier wurde bereits durch viele Institutionen gewarnt bzw. hingewiesen. Das RKI rät dazu, dass die Anwendung durch Laien „ärztlich begleitet“ werden sollte. Es weist auch darauf hin, dass im arbeitsmedizinischen Bereich eine Vorsorgeuntersuchung im Voraus angeboten werden muss, „um durch den erhöhten
Atemwiderstand entstehende Risiken für den individuellen Anwender medizinisch zu bewerten“. Nach einer 75-minütigen Tragezeit, sollte man eigentlich 30 Minuten Pause machen. Bei Menschen mit eingeschränkter Lungenfunktion und bei Älteren seien zum Beispiel auch „gesundheitliche Auswirkungen nicht auszuschließen“. Aufgrund der Empfehlungen des RKI und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz beurteilt auch die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene eine FFP2-Maskenpflicht im Nahverkehr oder Einzelhandel „kritisch“: „Mit den bisherigen, sich
gegenseitig ergänzenden Maßnahmen wie Abstandsregel, Alltagsmaske, Hygienemaßnahmen und ausreichende Lüftung werden die Ziele des Infektionsschutzes bei korrekter und konsequenter Einhaltung in der Öffentlichkeit gewährleistet“, heißt es in einer Stellungnahme. „Der medizinischen MNS hat im Gegensatz zu Alltagsmasken definierte Filtereigenschaften und ist im Vergleich zu FFP2-Masken kostengünstig und kann auch länger getragen werden.“ Hinzu kommt, dass die Typ IIR Maske im Gegensatz zur gehypten FFP2 ein zertifiziertes Medizinprodukt ist. Auch preislich ist der Unterschied zwischen medizinischer OP-Maske und FFP2 gewaltig.

Was wünschen Sie sich von der Politik in Sachen Corona-Management?

Nico Feichtinger: In erster Linie deutlich mehr Klarheit für die Bürger:innen. Viele Beschlüsse sind kaum noch nachvollziehbar und bringen eine große Politikverdrossenheit mit sich. Dazu ein straff organisiertes Impfmanagement. Für meine Branche wünsche ich mir mehr Transparenz bei öffentlichen Vergaben, die Einführung von Kriterien, welche die Herkunft und Qualität der Masken bewertet und natürlich ein Umdenken in puncto Nachhaltigkeit. An unser aller Gesundheit darf nicht gespart werden. Importe aus Billiglohnländern müssen reglementiert werden, ansonsten droht uns bei der nächsten Pandemie ein ähnliches Chaos wie 2020.

Wie geht es für die Typ IIR GmbH weiter?

Nico Feichtinger: Ich bin nach wie vor überzeugt, dass sich Qualität und regionale Produktion auf Dauer durchsetzen wird. Wir werden nicht nachlassen, Politik und Wirtschaft von den Vorteilen einer innerdeutschen Produktion zu überzeugen. Momentan unterstützen wir Berliner Unternehmen bei der Beschaffung von dringend benötigten Corona-Schnelltests und FFP2-Masken. Absurd, wenn man bedenkt, dass wir schützende OP-Masken im eigenen Haus fertigen.

Über die Typ IIR GmbH

Die Typ IIR GmbH wurde 2020 in Berlin gegründet. Das Start-up ist auf die Produktion von medizinischen OP-Masken vom Typ IIR spezialisiert. Aktuell besteht das Team aus 7 Mitarbeitern von der Produktion, über Sales und Projektleitung sowie Geschäftsführer Nico Feichtinger und wichtigen Partnern für Zertifizierungen, Logistik und Lieferung. Die komplette Produktion, einschließlich der Zertifizierung, wurden komplett eigenfinanziert. Ziel ist es, einer der führenden Hersteller für chirurgische OP-Masken Typ IIR, gemäß DIN EN 14683:2019-10, auf dem deutschen
Markt zu werden. Die Typ IIR GmbH produziert ausschließlich OP-Masken für den Gebrauch in Krankenhäusern, Arztpraxen, Pflegeeinrichtungen, im öffentlichen Nah- und Fernverkehr, im Einzelhandel und in Lebensmittelgeschäften oder andere Gewerbeeinrichtungen.

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